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Je suis nicht mehr


Was war ich schon alles – Charlie Hebdo und ganz Paris, Brüssel oder Berlin. Seit einer geraumen Zeit bin ich das nicht mehr.

 

Ich verzichte auf die schnelle Trauer- und Mutbekundung per Facebook-Profilbild, weil es zu viele Dinge gibt, die zu betrauern wären. Reagiert man auf jeden, wird es durch die Beliebigkeit entwertet.

Abgesehen davon war das öffentliche Je-suis-Mitgefühl ohnehin eher ungerecht verteilt. Natürlich trifft es mich mehr, von einer Amok- oder Terrortat in einer Stadt zu hören, auf deren Straßen ich schon mal gelaufen bin. Aber wenn man es ernst meinte, dürften nicht nur europäische oder nordamerikanische Hauptstädte so unterstützt werden, sondern auch Kriegsschauplätze wie Afrin und Ost-Ghuta oder - nahezu täglich - die anschlagsgeplagten Städte Kabul oder Bagdad.

 

Es ändert nichts an der Situation vor Ort, wenn ich mein Profilbild wechsele und mit der Häufung solcher Anlässe verliert diese Geste auch den Wert für uns selbst. Wir stumpfen ab, gegenüber den Anschlägen, den verlogenen Rechtfertigungen der Täter, ihren Opfern, den verlorenen Menschenleben, die mit der Zeit zu nichts mehr als Zahlen degradiert werden, die mit dem nächsten Anlass verglichen werden können.